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Konzert 2024

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Gottlob Frick Gesellschaft - Presse Konzert 2024

Operngala wird enthusiastisch gefeiert

Ein glänzendes Festkonzert der Gottlob-Frick-Gesellschaft (GFG) in der Erlentalhalle ehrt den vor 100 Jahren verstorbenen Opern-Giganten Puccini. Pauliina Linnosaari und Nattha Thammathi vom Badischen Staatstheater Karlsruhe sind die Stars des Abends. 

VON DR. DIETMAR BASTIAN

ÖTISHEIM. Als am Samstagabend gegen 19 Uhr das Festkonzert zu Ende ist, sitzt in der Erlenbachhalle in Ötisheim niemand mehr; annähernd 800 Zuschauerinnen und Zuschauer lassen ihrer offenkundigen Begeisterung freien Lauf und applaudieren frenetisch – bis die beiden Gesangsstars des wunderbaren Abends Zugaben geben – natürlich Puccini. Bei der diesjährigen Gala der Gottlob-Frick-Gesellschaft werden zwei weitere Stars gefeiert: Giacomo Puccini (1858 geboren in Lucca, Italien, gestorben 1924 in Brüssel) selbst, dessen genialem Opernschaffen der Abend gewidmet ist sowie der langjährige Partner der Herbstkonzerte – das ausgezeichnete Heilbronner Sinfonie Orchester unter der Leitung von Professor Alois Seidlmeier, das in diesem Jahr ganz entscheidend zu einer Sternstunde des klassischen Operngesangs beiträgt.

Doch der Reihe nach: Was die Gottlob-Frick-Gesellschaft Jahr für Jahr künstlerisch auf die Beine stellt, ist und bleibt bemerkenswert. Nicht nur hält der Verein die Erinnerung an den Jahrhundert-Bassisten Gottlob Frick wach, auch liegt ihm – und das ist besonders zu schätzen – die Förderung des Sängernachwuchses am Herzen. Nicht wenige konnten davon profitieren, dass die GFG sie protegiert hat. Zahllose Porträts bekannter Künstlerinnen und Künstler in der Gottlob-Frick-Gedächtnisstätte im Ölbronner Rathaus legen hiervon ein beredtes Zeugnis ab. Zum Glück fehlt es auch nicht an Unterstützern, Gönnern und Sponsoren, ohne die die Gottlob-Frick-Gesellschaft nicht agieren könnte.
Vor dem eigentlichen Festkonzert wurden auch in diesem Jahr verdiente Künstlerinnen und Künstler mit der begehrten Gottlob-Frick-Medaille ausgezeichnet. Am Samstagabend waren das Kammersänger und Countertenor Jochen Kowalski, der Bassbariton Michail Milanov, die Mezzosopranistin Erika Sommer und die Flötistin Margret Schaal. Es hat Tradition, dass die Medaillenverleihung musikalisch umrahmt wird. Federleicht wurde der Festakt eröffnet mit der Ouvertüre zu Mozarts Oper „Così fan tutte“. Das Publikum spürte vom ersten Takt an, dass das Sinfonie Orchester Heilbronn sich bestens auf den Abend vorbereitet hatte. Verspielt und geradezu liebevoll gaben die Heilbronner den Mozart wieder. Der junge, vielversprechende Bariton Tomas Garcia Santillan, der an der Musikhochschule Karlsruhe studiert, sang danach die Konzertarie „Rivolgete a lui lo sguardo“ aus „Così fan tutte“, bevor es in die Pause ging.

Puccini: Der große, in der toskanischen Stadt Lucca geborene Italiener stand in der direkten Verdi-Nachfolge. Bekannt ist der prophetische Ausspruch des Schriftstellers und Musikkritikers George Bernard Shaw:„Puccini scheint mir mehr als irgendein anderer der Erbe Verdis zu sein.“ Andere Impulsgeber Puccinis waren fraglos die Opern Wolfgang Amadeus Mozarts und Richard Wagners. Es lassen sich in Puccinis Vorstudien viele Bezüge, ja sogar wörtliche Zitate nachweisen. Doch schnell ließ er die Klangsprache seiner Vorbilder hinter sich und fand zu einem unverwechselbaren Personalstil und schrieb zwölf Bühnenwerke, die heute fester Bestandteil des Kanons sind. Darunter sind „Manon Lescaut“, „La Bohème“, „Tosca“, „Madama Butterfly“ und „Turandot“. Sozusagen ein „Best of“ aus diesen Bel-Canto-Werken gab es beim Festkonzert am Samstag in Ötisheim zu hören.

Pauliina Linnosaari (Sopran) und Nattha Thammathi (Tenor): Die beiden Ensemble-Mitglieder beim Badischen Staatstheater Karlsruhe waren die eigentliche und schönste Überraschung des Abends. Die Finnin Linnosaari verfügt über eine in allen Lagen klangstarke Sopranstimme und eine strahlende Höhe ohne Schärfe. Ihre Gesangstechnik ist vollendet, und sie bewältigt die hochkomplexe, harmonisch und melodisch überreiche Klangsprache Puccinis ohne jede Anstrengung. Ganz wunderbar gelingen ihr die Arie der Mimi „Si, mi chiamano Mimi“ aus „La Bohème“ und die Arie der Butterfly „Un bel di, vedremo“. Ihr mehr als kongenialer Partner war der Tenor mit thailändischen Wurzeln Nattha Thammathi. Schon nach drei Takten der Arie des Des Grieux „Donna non vidi mai“ wusste das Publikum, was es geschlagen hatte: Das war ganz große Klasse! Thammathi hat eine profunde Tiefe und lockere Höhe, die ihn mühelos bis zum hohen „D“ trägt.
Der Sänger scheint für die Bühne geboren zu sein. Schnell hatte er sich in die Herzen der Zuhörerinnen und Zuhörer gesungen. Ganz fantastisch! Welches die Höhepunkte der Gala waren, mochte jede und jeder unterschiedlich bewerten. Vielleicht waren es aber doch die beiden Arien aus der „Tosca“ „E lucevan le stelle“ des Cavaradossi und „Vissi d’arte, vissi d’amore“ ? Gerne hätte das Publikum mehr Duette von ihren neuen Bühnenlieblingen gehört, doch es blieb bei dem Duett „Mario!“ aus der „Tosca“ und – als Zugabe – dem Zwiegespräch von Mimi und Rodolfo „O Soave Fanciulla“.
Äußerst differenziert, sauber, charmant und elegant begleitete das Sinfonie Orchester Heilbronn die Solisten. Bei rein instrumentalen Ouvertüren und Zwischenspielen verließ das Orchester seine begleitende Funktion und fand zu einer klangvollen und überaus farbigen sinfonischen Sprache.

Um es mit einem Bild zusammenzufassen: Das Puccini-Festkonzert-Publikum erlebte eine Operngala, die einem komplexen Rotwein glich – mit reichen Geschmacksnuancen, aussagestarken Höhepunkten und einem lange nachklingenden Abgang.