Konzertarchiv
Konzert 2023
Konzert 2023
Hommage an die schwere leichte Oper
Auszüge aus Werken von Friedrich von Flotow, Albert Lortzing, Conradin Kreutzer, Otto Nicolai und Adolphe Adam: Bei der Gottlob-Frick-Gala im Ameliussaal in Niefern geben sich das prächtige Heilbronner Sinfonie Orchester und junge Gesangstalente ein glanzvolles Stelldichein.
VON DR. DIETMAR BASTIAN
NIEFERN-ÖSCHELBRONN. Bei der „leichten“ Oper ist es wie beim Ballett: Je mühe- und schwereloser das Geschehen auf der Bühne abläuft, desto besser. Aber beim Begriff „leicht“ ist Vorsicht geboten, denn künstlerisch gesehen ist die Komische Oper, auch Spieloper genannt, keineswegs leichter als ihr ernstes Gegenstück, die Opera Seria. Das Leichte ist in Wahrheit das Schwere.
Die Opern-Gala der Gottlob-Frick-Gesellschaft hat sich in diesem Jahr ausschließlich den im 19. Jahrhundert äußerst beliebten romantisch-komischen Opern Friedrich von Flotows, Albert Lortzings, Conradin Kreutzers, Otto Nicolais und Adolphe Adams verschrieben. Erstmals war der fabelhafte Ameliussaal in Niefern Schauplatz der Veranstaltung, auch die erstmalige Verpflichtung der Jungstars Arminia Friebe, Dániel Foki und Andreas Hörl bescherte dem Publikum Neues. Der Tenor Ilker Arcayürek, der bereits im letzten Jahr für Aufsehen gesorgt hatte, war zum zweiten Mal mit dabei. Keine Überraschung war es, dass das bewährte Heilbronner Sinfonie Orchester unter Leitung von Professor Alois Seidlmeier auf der Bühne Platz genommen hatte.
Unter dem Leitmotto „Opernvergnügen –Heiterkeit und Fröhlichkeit“ wurde dem Publikum ein denkwürdiger, wunderbarer Opernnachmittag geboten, der gerade für ältere Opernfans eine höchst willkommene Wiederbegegnung mit früher häufig, inzwischen aber selten dargebotenen Melodien aus „Martha“, „Der Wildschütz“, „Undine“,„Das Nachtlager in Granada“, „Die lustigen Weiber von Windsor“, „Zar und Zimmermann“, „Der Waffenschmied“ und „Der Postillon von Lonjumeau“ brachte.
Als es losging, hing eine spürbare Anspannung in der Luft. Das Orchester spielte zur Eröffnung die Ouvertüre zur Oper „Martha“ von Friedrich von Flotow, mit einem schönen Widerspiel von lyrischen und großsinfonischen Passagen und einem brillanten Solo-Horn, das aufhorchen ließ. Die Tenorarie „Ach so fromm“ und das Lied der Martha „Letzte Rose“ wurden noch verhalten, mit kleinen Unsicherheiten in der Höhe, dargeboten, Ilker Arcayürek und Arminia Friebe mussten verständlicherweise erst ihre Stimmen im großen Saal finden. Doch dann zeigte die Qualitätskurve stetig und steil nach oben und es wurde besser und besser. Die Arie des Grafen aus dem „Wildschütz“ „Heiterkeit und Fröhlichkeit“, Motto-Geberin des Konzerts, sang der ungarische Bariton Dániel Foki. Er überraschte mit bester Textverständlichkeit, einem ausgereiften Stimmsitz und schöner Melodieführung. „Durch Liebe, Sang und Wein, zieht Freude bei mir ein“, tönte es im modernen Saal, und Foki bekam viel Applaus. Arminia Friebe hatte sich inzwischen eingesungen und gab die Arie der Baronin „Auf des Lebens raschen Wogen“ mit soubrettenhaftem Timbre und eleganten Koloraturen. Überraschend auch ihre Bühneneloquenz. Danach der Bassist Andreas Hörl mit einem einstigen Paradestück Gottlob Fricks, der Arie des Baculus „Fünftausend Taler“. Viele Bassisten sind in Wahrheit Bassbaritone, die in der tiefen Lage nach unten drücken. Nicht so Hörl, dem auch bis zum tiefen „D“ ein volles Volumen zur Verfügung steht. Was die Bühnenpräsenz betrifft, ist der junge Münchner ein ausgesprochenes Talent und genießt es, vor Publikum zu singen.
Nach der Pause jagt ein Highlight das andere.
Weite dynamische Räume eröffnete Ilker Arcayürek im Lied des Veit „Vater, Mutter, Schwestern, Brüder“ aus Lortzings Oper „Undine“. Jetzt war die schöne tenorale Stimme des Sängers befreit, die man noch aus dem vergangenen Jahr im Ohr hatte. Sängerisch wunderschön getroffen danach das Duett Hans und Veit mit Ilker Arcayürek und Andreas Hörl. Zwei Stimmen, die sich überraschend gut mischten. Flankiert von Hörnerklang war vor der Pause die Romanze des Jägers „Ein Schütz bin ich“ aus dem „Nachtlager in Granada“ mit dem Ungarn Foki, der sich schnell in die Herzen der Zuhörerinnen und Zuhörer gesungen hatte.
Nach der Pause jagte ein Highlight das andere. Viel Applaus gab es für die kunstfertige Ouvertüre zu den „Lustigen Weibern von Windsor“ von Otto Nicolai, genussvoll zelebriert von den Heilbronnern. Weitere Höhepunkte waren die Bass-Arie des van Bett aus „Zar und Zimmermann“ „O sancta justicia“, bei der man sich an die raben-schwarze Stimme Fricks erinnert fühlte, die Arie des Zaren „Sonst spielt’ ich mit Zepter“, das Lied des Stadingers „Auch ich war ein Jüngling“ aus dem „Waffenschmied“ und schließlich eine brillante Tenor-Arie, das Postillon-Lied „Freunde, vernehmet die Geschichte“ aus dem „Postillon von Lonjumeau“ von Adolphe Adam. Beim Anlauf auf das unfassbar hohe „D“ hatte Arcayürek das gesamte Publikum hinter sich. Toll, das „D“ war da, wenn auch nur kurz.
Die Bilanz am Ende: Eine großartige Leistung der vier Solisten und des Orchesters, zwei Zugaben und ein höchst zufriedenes Publikum. Beim Hinausgehen in den Herbst hörte man einen älteren Herrn die Arie des van Bett summen „Ja, ich bin klug und weise, und mich betrügt man nicht !“
Wen wird die Gottlob-Frick-Gesellschaft im kommenden Jahr präsentieren ? Was wird das Thema der nächsten Gala sein?